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Im Blickpunkt
DER SCHREI DES FALKEN
Patrice Pellerin
Gesamtausggabe des ersten Zyklus in drei Bänden

Durch eine Intrige wird Yann de Kermeur - genannt "der Falke" - des Mordes am Grafen Kermellec angeklagt. Wird er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen können? Ein spannender und ausgefeilt gezeichneter Abenteuercomic in der Tradition von "Der Rote Korsar" und "Reisende im Wind".

Originaltitel und Verlag: "L'Epervier", Dupuis (ab Band 7 MC Productions)

 

Patrice Pellerin

Der Franzose Patrice Pellerin, geboren am 2. November 1955 in Brest, lernte das Zeichnen an der Seite von Pierre Joubert, bevor er sich 1977 als Illustrator selbständig machte. Arbeiten für Hachette schlossen sich an. 1982 erhielt Pellerin die Chance, nach einem Szenario von Jean-Michel Charlier zwei Alben der Serie "Barberouge" (dt. "Der Rote Korsar") zu zeichnen. Von dieser Arbeit nahm er zwei Dinge mit: die Technik Charliers, eine spannende Geschichte zu erzählen, und das Sujet, die Segelschiffahrt des 18. Jahrhunderts.

1985 hatte er sich erstmals selbst als Szenarist versucht. Für Jean-Charles Kraehn schrieb er die ersten drei Bände der Historienserie "Les aigles décapitées" (dt. "Das Zeichen der Adler" bei Feest), die in Frankreich bei Glénat erschien. Der Verlag Dupuis übernahm 1994 "L'Epervier", "Der Schrei des Falken", das Pellerin sowohl geschrieben als auch gezeichnet und koloriert hatte. 2001 war der erste Zyklus von 6 Alben vollendet. Für die Fortsetzung wechselte Patrice Pellerin in Frankreich zu MC Productions, wo seither zwei Bände eines neuen Zyklus erschienen sind.

Pellerin, der künstlerisch in der Tradition von Jean Giraud und André Juillard steht, ist für seine Detailtreue bekannt. Das bringt es leider mit sich, dass der Leser auf ein neues Album jeweils rund zwei Jahre warten muss. Doch der Bretone hat eine treue Leserschaft, die weiß, dass das Warten sich lohnt. "Der Schrei des Falken" ist nicht einfach eine Abenteuergeschichte; es ist das Porträt einer Epoche. Gerade in der Darstellung der Seefahrt hat Patrice Pellerin mit dieser Serie, die man wohl als sein Lebenswerk bezeichnen kann, etwas Unvergleichbares geschaffen.

Die Franzosen hatten das Glück, auch eine Verfilmung des Stoffes sehen zu dürfen. Leider gibt es diesen wunderbaren Film nicht in deutscher Synchronisation.

Kurzinterview von Martin Surmann
Im Kielwasser des Roten Korsaren

Wie haben Sie damals Jean-Michel Charlier kennengelernt?

Patrice Pellerin: Das hat Jean Giraud (der Zeichner von "Blueberry") vermittelt, dem ich meine Arbeiten gezeigt hatte. Sie haben ihm ganz gut gefallen und er hat mich dann Jean-Michel Charlier empfohlen. Charlier suchte einen Zeichner, der "Der Rote Korsar" nach dem Tode von Jijé übernehmen konnte.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Charlier?

Das ging eigentlich ganz einfach. Bei unserem ersten Treffen im Restaurant Le Fouquet's auf den Champs-Elysées hat er sich meine Zeichnungen angesehen und mir vorgeschlagen, mit ihm an "Der Rote Korsar" zu arbeiten. Daraufhin machte ich einige Skizzen der Hauptpersonen, mit denen er einverstanden war. Er versprach mir, die Texte in einigen Wochen zukommen zu lassen. Da ich seinen Ruf als ewig zu später Szenarist kannte, erwartete ich die Texte nicht vor Ablauf eines Jahres. Überraschenderweise erhielt ich die ersten beiden Seiten von "Die goldene Flotte" dann wirklich einige Wochen später. Ich zeichnete die Seiten, er gab mir sein OK und sagte, daß ich in Bälde die nächsten Seiten bekäme. So lief das ab... acht Jahre lang.

Und wie entstand "Der Schrei des Falken"?

Die Idee zu "Der Schrei des Falken" stammt zuallererst aus Landschaft und Dekor. Meine Frau und ich wohnten damals in der Provence und verbrachten unsere Ferien jedes Jahr in der Bretagne, wo meine Verwandtschaft zuhause war. Also besuchte man die Burg von Brest und die Halbinsel von Crozon. In dieser graphisch sehr reizvollen Umgebung wollte ich meine neue Serie ansiedeln. Da ich einen ganzen Haufen an Dokumentationen über das 18. Jahrhundert für "Der Rote Korsar" angesammelt hatte, mich jene Zeit zudem sehr ansprach und ich es liebte Schiffe zu zeichnen, entschied ich mich, in dieser Richtung weiterzumachen.

Woher stammen die Namen Yann de Kermeur und "Der Falke"?

Kermeur ist der Name eines kleinen Städtchens auf der Halbinsel von Crozon, während "Der Falke" der Spitzname eines kleinen Schmugglers war, der im 17. Jahrhundert in dieser Gegend lebte.

Sie mögen die Historie. Insbesondere das Genre Piraten und Korsaren?

O ja! Sehr! Genau wie Charlier liebe ich alles, was mit diesem Genre zusammenhängt. Ich liebe "Treasure Island" ("Die Schatzinsel") und "Moonfleet" ("Schloß im Schatten") oder alle Arten von Piratenfilmen wie "Captain Blood", "Seahawk" usw. Und aus dieser Ader sprudeln die Entwürfe für meine Alben.

Wie gehen Sie normalerweise bei Ihrer Arbeit vor?

Nach dem Schreiben des Szenarios schicke ich dieses an den Verlag Dupuis. Wenn sie ihr OK gegeben haben, fange ich mit den Bleistiftzeichnungen an, wobei ich einige Details am Leuchttisch bearbeite. Insgesamt fertige ich aber niemals mehr als drei bis vier Seiten an, die ich dann gleich tusche und koloriere. Für die Farben benutze ich Gouache. Abschließlichend mache ich noch das Lettering selbst.

Ist "Der Schrei des Falken " auch eine Hommage an "Der Rote Korsar"?

Absolut! "Falke" ist ja auch der Name des Schiffs vom Sohn des roten Korsaren. Als Charlier 1989 starb, haben mich seine Frau und sein Sohne gefragt, ob ich die Serie alleine weiterführen möchte. Ich schrieb also ein Szenario von 46 Seiten, was mein dritter "Roter Korsar" werden sollte. Ich habe sogar die ersten zehn Seiten gezeichnet... und dann hörte ich auf, als die ganzen Probleme mit der Erbschaft von JMC aufkamen. Die Nachfahren klagen ihre Rechte ein, die Verleger ebenso. Und außerdem interessierte es mich nicht mehr ohne Jean-Michel an dieser Serie zu arbeiten. Ich zog es vor, ganz alleine eine kleinere Serie zu machen, ohne darauf achten zu müssen, wieviel Geld sie für irgendjemanden einbringt. Also habe ich mein Szenario vom "Roten Korsar" so bearbeitet, dass es schließlich das von "Der Schrei des Falken" wurde. Dies erklärt auch die erkennbaren Ähnlichkeiten zwischen den Figuren beider Serien.

Das dritte Album, "Die Medusa läuft aus", spielt in Brest. Hatten Sie den Wunsch, ein Szenario speziell in Ihrer Geburtsstadt anzusiedeln?

Nein. Zu Anfang interessierten mich nur die Landschaften. Denn schließlich habe ich niemals direkt in Brest gelebt und wohne auch erst seit sechs Jahren wieder in der Bretagne. Für die Geschichte habe ich eine Menge an Dokumentation gefunden und es macht mir sehr viel Spaß, diese Stadt nachzubilden, von der praktisch kaum etwas aus der Vergangenheit übriggeblieben ist.

Und beim vierten Album?

Nachdem die ersten drei Alben in der Bretagne spielten, erzählt der vierte Teil von der Überfahrt nach Südamerika, handelt also vollständig auf dem Meer. In den Bänden fünf und sechs wird der "Falke" dann in Guayana seine Abenteuer erleben.

Patrice, vielen Dank für das Gespräch.

Martin Surmann hat Patrice Pellerin 1999 für ZACK interviewt.

Bernd Hinrichs:
Der Schrei des Falken - die Gesamtausgabe

 

Eine Schaluppe nimmt Kurs auf die bretonische Küste. Ein Beiboot wird ausgesetzt; es passiert sicher die spitzen Felsen und landet am Strand. Man erkennt einen Mann von höherem Stand, dem zwei Gehilfen folgen. Sie steigen auf einem Pfad die steilen Klippen empor und steuern zielstrebig eine kleine Kapelle an. Im ihrem Innern machen sie sich augenblicklich an einem der Gräber zu schaffen, heben den Deckel an und entnehmen eine kleine, exotisch aussehende Statue.

Mit dieser Einstiegsszene beginnt "Der Schrei des Falken". Die von dem Franzosen Patrice Pellerin ersonnene Serie spielt im 18. Jahrhundert zur Zeit der großen Segelschiffe und zählt zu den wohl spannendsten und ausgefeiltesten Abenteuercomics der letzten Jahre. Der erste Zyklus der Serie, der sechs Einzelbände umfasst, liegt nun in einer dreibändigen, wohlfeilen Gesamtausgabe bei comicplus+ vor...

Lesen Sie hier den ganzen Artikel von Bernd Hinrichs, erschienen in dem Magazin ZACK 08/2015.

"L'Épervier" - die Verfilmung

Im Frühjahr und Sommer 2010 sind in der Bretagne, in Südfrankreich und in der Pariser Gegend die Filmaufnahmen nach Patrice Pellerins Comic "Der Schrei des Falken" abgedreht worden. France 2 hat den Stoff in insgesamt sechs Folgen zu je 52 Minuten ausgestrahlt. Inzwischen gibt es davon auch eine DVD, leider ohne deutsche Synchronisation. Inhaltlich basiert "L'Épervier" auf Pellerins erstem Zyklus; aus Kostengründen hat man allerdings darauf verzichtet, in Mittelamerika zu drehen. Die Darsteller sind in Frankreich bekannt - Aurélien Wiik als Yann (Foto unten), Fanny Valette als Agnès, Lou Doillon als Marion.

Seit 2010 erschienen bei comicplus+ zwei Bände eines neuen Zyklus' der Serie als Album. Dazu Patrice Pellerin im Gespräch mit Pierrik Fay für Europe 1 bei YouTube (auf französisch).

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