Herkunft Eckart Sackmann
geb. 2. Januar 1951 Hannover
Vater: Friedrich Sackmann
Mutter: Regina Gliege

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Die Eltern

Anfang der 60er Jahre ging es meinen Eltern weit besser als zehn Jahre zuvor. Das war ihr bescheidener Anteil am Wirtschaftswunder. 1961 änderte sich einiges im Leben unserer kleinen Familie. Mein Vater bekam eine neue Stelle bei der Sparkasse, was allerdings mit einer weiteren Fahrt zur Arbeit verbunden war. Wir zogen in eine größere Wohnung, in die Waldstraße. Ich machte den Sprung aufs Gymnasium und fuhr nun nach Celle zur Schule.

Meine Mutter hatte für ihren verlorenen Hof in Polen Lastenausgleich bekommen. Jetzt konnten endlich "Anschaffungen" gemacht werden: neue Möbel, Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher, zeitweise auch ein Auto. Aber kein Fotoapparat: Es gibt nur wenige Fotos aus den 60er Jahren.

Als meine Eltern nach Ehlershausen gekommen waren, hatten die Straßen noch keine Namen, und die Häuser waren durchnumeriert. Wer die Hauptroute von Hannover nach Hamburg, die B3, nahm, musste in Ehlershausen damit rechnen, vor der Bahnschranke zu warten.

Die Sparkasse wurde in einer Schneiderei abgewickelt. Es gab keine Kirche, nur einen hölzernen Glockenturm. Der Gottesdienst fand im Saal eines Gasthauses statt, genauso wie am Wochenende das Kino.

In den 60er Jahren wurde das idyllische Walddorf von den Hannoveranern entdeckt. Einige Straßen waren jetzt geteert. Man errichtete eine futuristische Kirche und - direkt gegenüber von uns - die neue Schule.

Der wichtigste Lebensmittelladen im Ort gehörte Willi Rausch, dem Schwager meiner in Schleswig-Holstein lebenden Tante Erwine. Die Lönsklause gehörte seinem Bruder Emil Rausch.

Im Sommer suchten wir eimerweise Blaubeeren ("Bickbeeren") und Preißelbeeren ("Kronsbeeren"), im Herbst wuchsen die Pilze direkt vor unserer Nase. Das Brot bezogen wir in damals von einem Bäcker im Nachbarort Ramlingen, der zweimal in der Woche mit einem Pferdewagen (!) die Runde machte. Ich bin 1961 noch mit Dampfloks und in Waggons mit Außenplattform und Holzsitzen zur Schule gezockelt.

 


Wenn man sich heute mein Konfirmationsbild von 1965 ansieht, sollte man nicht meinen, dass dieser adrette junge Mann den Eltern Kummer machte. Die Frisur war der Stein des Anstoßes. Ich hatte mir die Wände mit Beatles-Bildern vollgeklebt und fing an, meinen eigenen Kopf zu haben.

Meine Eltern waren zwar liberal, aber auch abhängig von der öffentlichen Meinung. Es war ihnen mehr als peinlich, im Dorf auf mein Äußeres angesprochen zu werden. Zum Glück gab nach einiger Zeit noch ein paar andere mit Moptop.

Ich merkte zum erstenmal, dass meine Eltern mich anders haben wollten, ich ich war.

Der Konflikt wurde relativ konfliktarm ausgetragen. Beide Seiten machten Kompromisse. Ich lehnte mich ja nicht gegen meine Eltern auf, ich wollte mich nur meinen Vorstellungen entsprechend verhalten. Noch heute gehe ich diese Gratwanderung zwischen Konvention und Ausleben.

Dass der Wertewandel der 60er Jahre gerade in meine Sturm- und Drangzeit fiel, verhinderte von da an offene Gespräche mit meinem Vater. Wir drifteten auseinander. Ich war damals natürlich nicht einfühlsam genug, auf seine besondere Sozialisation Rücksicht zu nehmen. Viele Fragen blieben offen, die ich ihm heute gern stellen würde - aber so etwas liest man in den meisten Biografien.

Der letzte Geburtstag von Oma, im Juni 1967. Als sie Anfang des folgenden Jahres starb, verließen wir Ehlershausen.

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